Der Filialleiter - Thomas Hürlimann

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Analyse "Der Filialleiter"

Einleitung:
In seiner Kurzgeschichte " Der Filialleiter" greift Thomas Hürlimann die Thematik einer entfremdeten, kaum noch existierenden, zwischenmenschlichen Beziehung am Beispiel des Filialleiters Willi P. und seiner Ehefrau Maria-Lisa auf. Er beschreibt die eigentlich sehr emotionsgeladene Situation einer gescheiterten Ehe,die jedoch betont sachlich dargestellt wird und scheinbar nur noch aufgrund von alltäglichen Ritualen Bestand hat.

Der Titel der Kurzgeschichte bezieht sich einerseits auf den Ehemann der von Beruf Filialleiter ist (Z.1) und somit den Mittelpunkt der gesamten Kurzgeschichte darstellt. Damit zeigt der Autor, dass es ausschließlich um ihn und seine Auffassung der Situation geht. Andererseits greift der Titel die Sachlichkeit des Textes wieder auf.

1.Gegebenheiten der Kommunikationssituation:
Allgemein lässt sich die Situation recht gut rekonstruieren.Die Ehe des Paares funktioniert eigentlich nur noch aufgrund von einem Schematismus aus Routine, aus welchem beide nicht mehr herraus finden (Z.66-69). Die Ehefrau kommuniziert im Fehrnsehn über eine sehr perfide Weise über ihren Ehemann, indem sie sich in einer "Talkshow" über ihren Mann und ihre Gefühle äußert. Da sie selbst nicht in der Lage zu sein scheint, offen mit ihm darüber zu reden, benutzt sie den Fehrnseher als transferes Mittel, um indirekt ihrem Mann das zu sagen, was sie denkt und fühlt (Z.27).
Der Ehemann weist anfänglich eine oberflächliche Betroffenheit darüber auf (Z.3-6). Doch im Verlauf zeigt sich, dass diese Betroffenheit wenig der Offenbarungen seiner Frau gilt, sondern nur seinem Ruf als Filialleiter, den er hiermit zerstört sieht.

2.Kommunikationsgegenstandsthema:
Die Ehefrau geht nicht auf das eigentliche Thema, welches sie im Fehrnseher angesprochen hat, ein. Sie verhält sich, ebenso wie ihr Mann, wie jeden Tag und ohne über das Geschehene zu sprechen (Z.66-70). Die Aussage von ihr "Das Wasser wird kalt" ist als Subtext zu lesen(Z.63), denn eigentlich will sie damit sagen, dass der Mann seine Füße aus dem Wasser nehmen soll. Jedoch aus der Sicht des Erzählers ist diese Aussage metaphorisch dargestellt und soll die erkaltete Ehe der beiden darstellen. Ebenso wie "ein totes paar Füße"(Z.61-61). Das Ehepaar komuniziert nur noch non-verbal miteinander, indem er nicht direkt mit ihr redet, sondern ihren Unterarm greift (Z.13+23-24). Nachdem sie öffentlich erklärt, dass es über den Hass zu ihm schon hinaus sei (Z.20-21) möchte er ihr durch das Ergreifen des Armes ausdrücken, dass er hört was sie von ihm denkt und verärgert darüber ist.

3.Kommunikationsform und linguistisches und kommunikatives Repertoire:
Die Kurzgeschichte ist in der Er-Form geschrieben und nimmt personalen Bezug auf den Filialleiter (Z.54). Ebenso lässt sich die Symmetrie aus verschiedenen Perspektieven betrachten. 1. Aus der Sicht der sozialen Schicht ist er Filialleiter und sie warscheinlich nur Angestellte (Z.22). Denn er wird als Filialeiter benannt und sie die gesamte Kurzgeschichte nur als seine Ehefrau oder als Maria-Lisa (Z.5-6). Also wären die beiden asymetrisch zueinander gestellt. 2.Aus der Sicht des Privatlebens und des Haushaltes, gibt sie ihm die Anweisungen (Z.63) und auch hier würde eine asymetrische Beziehung in Frage kommen, jedoch umgekehrt.
è Doch alles in einem betrachtet und ausschlaggebend ist, dass sie beide unfähig sind miteinander zu kommunizieren, was bedeutet, dass es auf eine symetrische Beziehung hinausläuft.

Schluss:
Die Kommunikation zwischen dem Filialleiter und seiner Ehefrau ist vollkommen entfremdet und missglückt, sodass sie kaum noch zu funktionieren scheint. Der Mann kommuniziert non-verbal mit seiner Frau und sie widerum, auf eine sehr perfide und indirekte Weise über den Fehrnseher (Z.4-6). Nur der Fehrnseher weist eine verbale Kommunikation auf, bei dieser die Frau anscheinend doch in der Lage zu sein scheint, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen und offen anzusprechen. Jedoch gelingt ihr dies nur über den Fehrnseher und nicht persönlich mit ihrem Mann. Zum Ende hin läuft die Situation darauf hinaus, dass sie ihre alltägliche Routine fortsetzen und kein Wort über das verlieren was an diesem Abend geschehen ist.