Inventur (1946) - Günter Eich

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Allgemein
Name: Inventur
Autor: Günter Eich
Veröffentlicht: 1946
Epoche: Moderne
Gattung: Nachkriegslyrik

Formal
Verse: 28
Strophen: 7
Metrum: nicht regelmäßig
Reimschema: nicht regelmäßig
Reimart: nicht regelmäßig
Kadenz: nicht regelmäßig

Sprachlich/Stilistisch
Wortfelder: Alltagsgegenstände
Adjektive: kostbar, begehrlich
Tempus: Präsens
Stilmittel: Enjambement (z.B. V.1-2), Anapher (V.1-2,V.25-28) Inversion (V.24)

Erzähler
Lyrisches Ich: Ja
Perspektive: Personal
Haltung: neutral

Analyse und Interpretation


In dem Gedicht "Inventur" von Günter Eich, verfasst 1945/46 geht es um eine Aufzählung des Besitzes vom lyrischen Ich.

Nach meiner persönlichen Einschätzung beschreibt der Verfasser in seiner "Trümmerlyrik", sein letztes Hab und Gut kurz nach dem Krieg.

Das Gedicht besteht aus sieben Strophen á 4 Verse. Weder Reimschema noch ein durchgängiges Metrum sind zu erkennen. Die Kadenz, sowie Anzahl der Silben, sind ebenfalls willkürlich.

Das Gedicht handelt über den Besitz eines Mannes. Er besitzt außer seiner Kleidung einen Teller, Becher, Rasierzeug und Socken. Wertvoll und vor allem wichtig erscheinen ihm das Weißblech, ein Nagel sowie seine Bleistiftmine.

In der ersten Strophe beschreibt das Lyrische Ich, dass mit dem Verfasser vermutlich gleichzusetzen ist, über seinen Besitz. Dabei sind ihm Mütze, Mantel und Rasierzeug am wichtigsten, was darauf Zurückschließen lässt, dass ihm an seinem Äußerlichen viel liegt. In Strophe zwei nennt er primär eine Konservenbüchse, die ihm das kurzzeitige Überleben sichert. Mit einem Teller und einem Becher kann er sogar noch "zivilisiert" sein Essen bzw. Trinken zu sich nehmen, was kurzzeitig nach dem Krieg nicht immer gewöhnlich war, da man von der "Hand in den Mund" lebte. Das genannte Weißblech (V.7) in das er seinen Namen mit dem Nagel (V.10), den er als sehr wertvoll tituliert, reinritzt, sind im Gegensatz zu seinen anderen Habseligkeiten von Wert. Man hört weder Klagen noch sonstige Beschwerden. Es wirkt, als wäre Günter Eich, froh über diesen kleinen Besitz von Gegenständen. Des Weiteren besitzt Er einen Brotbeutel in dem er Socken hat, die ihm als Kopfkissen dienen. Auch hier ist wieder nichts von einer Beschwerde zu lesen.
In Vers 19 beginnt er mit der Beschreibung des Stücks Pappe, auf der er mit Bleistiftmine, die ihm am wichtigsten ist, Verse schreiben kann die er sich nachts ausdenkt. Das liegt darin, dass die Städte nach dem zweiten Weltkrieg, weitgehend dunkel waren, weil Stromleitungen und fast alles was hätte leuchten können, zerstört waren. In der letzten Strophe zählt er noch einmal die Dinge auf, die er besitzt. Das ist neben seinem Notizbuch ein Zelt, in dem er vermutlich wohnt, sowie ein Handtuch und ein Zwirn.

Analysiert man das Gedicht im Hinblick auf die Wortwahl, so fallen deutlich die positiven Wörter wie "kostbar" (V.10) oder "lieb" (Vers 22.) ins Auge. Es wird deutlich, dass Günter Eich froh ist, den 2. Weltkrieg überlebt zu haben und versucht der ganzen Situation etwas positives abzugewinnen, indem er sich mit seinem Hab und Gut begnügt. Dabei verzichtet er im Gedicht auf Klagen und Sorgen und "schwimmt" gegen den Strom von vielen Lyrikern, die ihre Probleme oder Kritik in Lyrik gefasst haben.
Insgesamt betrachtet wirkt das Gedicht fast Anti-lyrisch, da der Autor komplett auf Stilmittel verzichtet und sich so kurz und präzise wie möglich hält.

Setzte ich meine Analyse nun mit meiner Interpretationshypothese auseinander, so wurde ich mit Blick auf die Trümmerlyrik bestätigt. Hier wurde tatsächlich der Besitz, in einer lyrischen Bestandsaufnahme zusammengefasst. Betrachtet man die Biographie von Eich, fällt auf das er Kriegsgefangener war und somit lange Zeit seines Lebens unter erbärmlichen Verhältnissen lebte. Das erklärt auch warum er nicht klagend über seinen Zustand berichtet. Darüber hinaus war er einer der Mitbegründet der Gruppe 47.